Rom zu Ostern – Mein persönlicher Reisebericht

 

Jahresbeginn 2019 – ich hatte eine sehr stressige Zeit hinter mir.

 

Im Schuljahr 2018/19 Jahr machte ich mein Unterrichtspraktikum (UP), welches Lehrer/innen nach Abschluss der Universität absolvieren müssen, um an einer AHS oder BHS unterrichten zu können. Nebenbei lief auch ein insgesamt mehrwöchiger, verpflichtender Lehrgang zum UP an der pädagogischen Hochschule.

 

Mein Glück war, dass ich eineinhalb Jahre davor, es war gegen Ende meines Studiums, einen Dienstvertrag als Vertragslehrerin an einer HTL erhalten habe. Somit konnte ich schon mit einer gewissen Routine unterrichten. Mein Pech war, dass mich die Jahre davor enorm viel Kraft gekostet haben. Studieren plus nebenbei Berufseinstieg, gesundheitliche Probleme sowie ein chaotisches Privatleben haben mir so einiges abverlangt.

 

Es war ein kalter, dunkler und depressiver Tag im Jänner. Zum Glück war an diesem Tag mein bester Freund Bind zu Besuch und brachte ein bisschen Sonnenschein in mein düsteres Leben. Wir unterhielten uns über unsere gemeinsamen Italienreisen und schwelgten in schönen Erinnerungen. 

 

Dabei merkten wir immer mehr, wie sehr wir uns nach Italien, dem Dolce Vita und dem Frühling, sehnten. 

 

Plötzlich meinte Bind: „Warum fahren wir nicht in den Osterferien nach Italien? Wie wäre es mit der Toskana oder Rom?“

 

Sofort spürte ich, wie mein Herz höher schlug. Bis jetzt kannte ich nur Florenz und es war schon lange mein Traum gewesen, die wunderschöne Landschaft der Toskana zu erkunden, und Ostern sollte auch perfekt sein, um die Reise voll und ganz auszukosten, abgesehen von den Touristenmengen, die zu dieser Zeit gewöhnlich nach Italien strömen. 

 

Und Rom … bei Rom bin ich natürlich immer dabei … zu Rom kann ich einfach nicht NEIN sagen.

 

Bind redete schon lange, dass er mal die Ostermesse am Petersplatz live vor Ort miterleben möchte.

 

Nun … dieses Jahr war der optimale Zeitpunkt dafür.

 

Bind hatte Urlaub und ich Osterferien.

 

Gesagt, getan. Wenige Wochen später waren die Hotels schon gebucht und ich konnte es kaum erwarten, bis es losging. Nahezu jeden Tag wurde die Vorfreude größer.

Urlaub hatte ich wirklich dringend nötig.

 

Alles für unsere Autoreise nach Italien war bereit.

 

Die Toskana genoss ich sehr, trotz 2 Tage Fieber. Aber dazu gibt es ein anderes Mal einen ausführlichen Blogbeitrag. 


Dieser Blogbeitrag soll voll und ganz Rom, dieser atemberaubenden, schönen Stadt gewidmet werden.

 

Ich konnte es kaum erwarten, Bind die Stadt zu zeigen. Wir hatten nur 3 Tage in Rom eingeplant, deshalb mussten wir alles gut durchplanen und den Tagesablauf dort strukturieren.

 

Schon die Fahrt allein von der Toskana nach Rom war mehr oder weniger abenteuerlich.

Ca. 1 Stunde vor Rom verspürte ich den Drang, dringend auf die Toilette zu müssen, und dann verpassten wir auch noch die nächste Abfahrt zu einer Autobahnraststation. Ich dachte mir: „Naja, nicht so schlimm, ich schaffe es noch bis zum nächsten Halt und zum Glück geht es zügig voran.“

 

Kaum hatte ich diesen Satz zu Ende gedacht, bahnte sich Schreckliches an – vor uns erstreckte sich ein langer, langer Stau. „Oh nein! Hoffentlich löst er sich bald auf, denn allzu lange halte ich es nicht mehr ohne Toilette aus.“ 

Nach einer gefühlten Stunde im Stau (in Wirklichkeit waren es wahrscheinlich keine 5 Minuten) beschloss ich, es den anderen Leuten gleichzumachen und auszusteigen. Viele wollten sich die Beine vertreten.

 

Mein Ziel war aber ein anderes, und zwar Ausschau nach einer Toilette, einem Busch, einer Mauer, Hügeln oder etwas Ähnlichem.

 

Doch Fehlanzeige: Auf der einen Seite war die Gegenfahrbahn mit fließendem Verkehr und auf der anderen Seite ein steiler Hügel, man konnte nicht sehen, was sich dahinter befand. Auf der Straße gab es nahezu überall Leute, die herumstanden, sich lautstark unterhielten und auf ein Ende des Staus warteten.

 

Also beschloss ich, mich wieder ins Auto zu setzen und die Situation quasi auszusitzen.

Von Minute zu Minute wurde es unangenehmer für mich, die Hitze im Auto machte mir zusätzlich zu schaffen, doch ich wollte mich nicht allzu viel bewegen, um nichts zu „riskieren“. Ehrlich, in diesem Moment wäre ich gerne ein Mann gewesen. Ein männliches Wesen kann sich einfach breitbeinig irgendwo hinstellen und … eh schon wissen. Wir Frauen müssen „hockerln“.

 

Finalmente … nach fast 2 Stunden löste sich der Stau auf. Ihr könnt euch vorstellen, was sich bei der nächsten Raststation abspielte – ein weiterer Stau bei den Toiletten. Nachdem wir alles erledigt hatten, konnte es weitergehen. 

Ich war komplett verschwitzt und sehnte mich nach einer Dusche. Kurz vor Rom erwartete uns der nächste Stau. Dieser dauerte „nur“ knapp eine Stunde und ich war wesentlich entspannter. Ich genoss die Verzögerung sogar ein bisschen und nutzte die Gelegenheit, um das Umland von Rom zu betrachten.

 

Endlich angekommen! Ich stieg aus dem Auto und nahm einen tiefen Atemzug römischer Luft … ach, wie liebte ich das! Mir kamen sofort wieder die Erinnerungen an meine Zeit in Rom. 2015 hatte ich während meines Studiums eine Sprachschule in Rom besucht, Italienisch gelernt, neue Freundschaften geschlossen und das italienische Lebensgefühl in der Hauptstadt genossen.

 

Ich schickte Bind zum Einchecken ins Hotel vor. Ich selbst aber vermied den Kontakt, da ich nach Schweiß stank, als hätte ich eine Woche nicht geduscht.

Als ich auf Bind wartete, betrachtete ich die Autos auf dem Parkplatz und musste feststellen, mein Auto war mit Abstand das hässlichste und das mit den meisten Dellen.

 

Kurz vor meiner Reise hatte ich einen kleinen Auffahrunfall. Anmerkung: Unschuldigerweise war ich bei einer Vollbremsung zum Handkuss gekommen. Ich hatte die Reparatur aufgeschoben, weil ich dachte, mein Auto würde mit seinen Dellen sehr gut zu den römischen Autos passen, aber das war nicht der Fall. Auch während der 3 Tage in Rom begutachtete ich die Autos etwas genauer. Naja, mein Gefährt sah tatsächlich übler aus als 98% der Autos, die ich bewusst ins Visier nahm.  

 

Mein nächster Gedanke war, dass ich Bind wirklich bewunderte, denn ohne mit den Wimpern zu zucken, fuhr er uns durch das größte Verkehrschaos in Rom. 

 

 

Plötzlich stupste mir jemand von hinten auf die Schulter. Ich zuckte zusammen und drehte mich. Ich war erleichtert, als ich Bind sah.

 

„Komm schnell, die Frau vom Hotel spricht nur Italienisch. Ich habe es auf Englisch versucht, aber sie hat nichts verstanden.“ Schon schleifte mich Bind zur Rezeption.

 

Mir war die Situation wirklich sehr unangenehm, da ich ja wusste, dass ich extrem verschwitzt roch. Ich versuchte den Abstand zwischen mir und der Frau an der Rezeption so groß wie möglich zu halten. Doch dann meinte sie: „Ich zeige euch jetzt die Zimmer.“ Wenige Minuten später standen wir zu dritt auf engstem Raum in einem Lift. Oh Gott, ich schämte mich so sehr!

 

Endlich hatten wir unser Zimmer. Sofort ging es für mich unter die Dusche.

Erfrischt und wie neugeboren betrat ich das Zimmer. Bind meinte aufgeregt: „Komm, ich muss dir etwas echt Cooles zeigen.“ Er stand in der Balkontür und winkte mich näher, indem er mit seiner Hand wild herumgestikulierte.

 

Als ich den Balkon betrat, musste ich erst einmal schlucken, denn keine 3 Meter vom Geländer entfernt befand sich eine Straße und die Autos rasten vorbei.

 

Es war eine Art Straßenbrücke und unter uns schlängelten sich weitere Straßen vorbei. Wir standen einige Minuten einfach nur da, ohne zu sprechen. Einerseits waren wir von dem hastigen Treiben der Straße fasziniert und andererseits von dieser äußerst seltsamen Konstruktion der Straßenführung erschrocken. Neben unserem Hotel befand sich ein Wohnhaus und die Balkone klebten direkt an der Leitplanke der Straßenbrücke – wie befremdlich! Nachts sah das Ganze noch atemberaubender aus. Wir saßen täglich am Balkon und beobachteten einfach nur und unterhielten uns über Gott und die Welt. 

 

Falls ihr euch jetzt fragt, ob nicht der Lärm in der Nacht bzw. in den frühen Morgenstunden unerträglich war. NEIN! Entweder hatten wir beide einen tiefen Schlaf oder die Fenster waren super gedämmt.

 

Mittlerweile war es früher Nachmittag und wir überlegten, was wir heute noch machen wollten.

Vor Kurzem hatten wir die Netflix-Serie „Suburra“ gesehen. Der Film spielt in der heutigen Zeit in Rom und zeigt die mafiösen Strukturen und Probleme der Stadt auf, welche zu einem großen Teil auf wahren Begebenheiten basieren. Ich kann ich euch diese Serie nur wärmstens ans Herz legen. Man sieht auch sehr viel von Rom.

 

Inspiriert von Suburra, beschlossen wir, noch nach Ostia zu fahren. Ostia ist der Teil von Rom, welcher ans Meer grenzt. Ein Großteil der Serie spielte dort und zuhause hatten wir schon einige Orte recherchiert, an denen die Serie gedreht wurde.

 

Somit war es für uns klar: heute Ostia und Meer, morgen City und Kultur.

Ostia ist einfach und ziemlich schnell mit den öffentlichen Verkehrsmitteln vom Stadtzentrum aus erreichbar. Das einzig Negative: Die Öffis in Richtung Ostia sind meistens sehr überfüllt.

Dort angekommen, suchten wir erstmal das Meer auf und Bind stürzte sich beinhart in die kalten Fluten. Mir war das Meer im April noch zu kalt, also genoss ich den Strand und den Sonnenuntergang – ein wahres Naturschauspiel. Die rosaroten Farben des Himmels spiegelten sich im Meer wider und wurden von den sanften Wellen fortgetragen. Ich fühlte den schwarzen Sand unter meinen Füßen. Er war kalt, aber fühlte sich dennoch angenehm an. Ein Windhauch strömte mir entgegen und ich konnte die salzige Meeresluft riechen … ich liebe diesen Geruch. Solche Momente am Meer geben mir das Gefühl von Freiheit und ich fühlte mich seit langer Zeit wieder richtig lebendig. 

 

 

Ich verlor mich in Gedanken … das letzte Mal in Ostia war ich mit Roberto … diese blauen Augen, sein Blick so tief wie das Meer … Ich erschrak, als ich plötzlich etwas Nasses auf meinem Gesicht spürte. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass Bind vor mir stand und mir kaltes Wasser ins Gesicht spritzte.

 

Roberto ist übrigens der römische Medizinstudent, den ich zufällig während meiner Zeit an der Sprachschule in Rom kennen gelernt habe. Über unsere Begegnung habe ich vor einiger Zeit einen Blogbeitrag geschrieben. Falls es euch interessiert, schaut einfach unter Reiseberichte und öffnet den Reisebericht Rom. Das ist jetzt auch schon einige Jahre her. Seither haben wir uns nicht mehr gesehen, aber wir blieben in Kontakt.

 

Roberto hin oder her, ich wollte jetzt die Zeit mit meinem besten Freund in meiner Lieblingsstadt in vollen Zügen genießen.

 

Bind setzte sich neben mich, in 2 Handtücher eingehüllt und zitterte vor sich hin. Hut ab, dass er sich bei diesen Temperaturen ins Meer gewagt hatte.

 

Wir betrachteten gemeinsam den Sonnenuntergang. Der Moment war einfach perfekt. Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort mit dem richtigen Menschen.

 

Danach gönnten wir uns noch ein leckeres Essen in einem schicken Restaurant, nicht weit vom Strand. In der Toskana hatte ich sehr fleischlastig gegessen, umso größer war nun die Freude über eine Pasta ai Frutti di Mare. Wir hatten Glück, denn wir bekamen den letzten Platz im Restaurant.

 

 

Beim Essen ließen wir uns richtig lange Zeit und genossen das italienische Ambiente.

Danach hatten wir eine Mission, und zwar die Gebäude aus der Netflixserie Suburra zu finden. Zum Glück hatten wir zuhause alles genau recherchiert, wir mussten also nur mehr zum richtigen Ort navigieren.

 

Es war gegen 23 Uhr, als wir das Restaurant verließen. Auf den Straßen hatte sich das bunte Treiben, welches tagsüber vorherrschte, verflüchtigt. In manchen Restaurants saßen noch vereinzelt Gäste, aber die Fußgängerzone war menschenleer. Schließlich verließen wir die Fußgängerzone und bogen in eine kleine Gasse. Im Gegensatz zur Fußgängerzone war diese nur spärlich beleuchtet. Ganz ehrlich … es war schon etwas gruselig und ich war mir zu diesem Zeitpunkt nicht sicher, ob es wirklich eine gute Idee war, in Ostia zu nächtlicher Zeit herumzustreifen. Einige Plätze in Ostia Lido haben nicht gerade den besten Ruf. Nicht ganz Ostia Lido, aber manche Orte dort verwandeln sich nachts in einen Drogenumschlagplatz. Ich wusste das von diversen Erzählungen meiner römischen Freunde.

 

„Oh, Gott!“ … Fast wäre ich auf eine tote Ratte getreten. Die Lichter der Häuserblocks warfen ein düsteres Licht auf den Gehsteig.

 

Wir kamen an einem Vergnügungspark vorbei, der vermutlich erst im Sommer aufgesperrt worden war. Alles sah sehr heruntergekommen aus. Bei einem Stand wippte die Hand eines Clowns im Wind mit und verursachte ein unheimliches Quietschen. 

Schön langsam wurde mir kalt. Ich trug nur eine dünne Frühlingsjacke. Tagsüber, wenn die Sonne schien, war es angenehm warm, doch jetzt fror ich.

 

Endlich hatten wir unser Ziel erreicht. Das Haus aus Suburra – in Wirklichkeit war dies ein kleines Restaurant, direkt am Meer. Es sah verlassen aus und machte den Anschein, als hätte es schon vor einiger Zeit für immer geschlossen. Rundherum gab es nichts außer einen einsamen Strandabschnitt. Bis zur Bahnstation und den Häuserblocks war es auch ein Stück. Auch hier war keine Menschenseele zu sehen. Wir sahen uns ein bisschen um und betrachteten das Restaurant von der Rückseite. Wir standen auf einer großen Terrasse und unter uns rauschte das tiefschwarze Meer vorbei. In der Ferne spiegelte sich der Vollmond im Meer.

 

Auf einmal hörte ich Schritte. Eigentlich durften wir hier nicht sein. Die Schritte näherten sich uns und wir hörten ein hastiges Keuchen. Plötzlich hetzte ein kleiner Hund um die Ecke und auf uns zu. Er wedelte nun freundlich mit dem Schwanz und umkreiste uns. Einige Sekunden später tauchte außer Atem sein Besitzer auf.

 

„Ciao! Gut, dass ihr Caro gefunden habt“, sagte er auf Italienisch.

Caros Besitzer war ein junger Mann um die 30. Er war blond, groß und entsprach gar nicht dem Typ Italiener. Wobei ich hier sagen muss, ich halte sehr wenig von Stereotypen. Ich versuche, stereotypes Denken komplett auszublenden, jedoch manchmal ertappe ich mich dennoch dabei.

 

Wir führten eine nette Unterhaltung und erfuhren später, dass er ein schwedischer Auswanderer war. Er war seinem Herzen gefolgt, und das hatte ihn nach Rom geführt. Ich bin immer fasziniert von solchen Geschichten und bewundere Menschen, die den Mut haben, alles hinter sich zu lassen und den Schritt ins Ungewisse zu wagen. Schon oft habe ich mit dem Gedanken gespielt, nach Italien auszuwandern … aber bis jetzt fehlte mir immer der Mut dazu. Wir tauschten noch unsere Telefonnummern und Facebook-Namen aus und verabschiedeten uns dann freundlich. Ich freue mich immer, wenn ich Leute aus anderen Ländern kennen lerne.

Es war nun höchste Zeit, dass wir uns auf den Weg zu unserem Hotel machten. Bind und ich schlenderten die lange, dunkle Straße entlang, welche direkt zur Metrohaltestelle führte. Dort angekommen, waren wir die Einzigen am Bahnsteig, bis auf einen Security. Nach etwa 3 Minuten Frieren kam endlich die Metro … und wieder … wir waren die Einzigen, die in Richtung Rom Zentrum wollten. Das war das erste Mal, dass ich bei dieser Linie einen Sitzplatz bekommen habe … normalerweise ist diese Linie immer megaüberfüllt.

Im Hotel angekommen, fielen wir todmüde ins Bett.

 

Am nächsten Tag erkundeten wir gemeinsam Rom. Wir spazierten durch kleine Gassen, bewunderten alte geschichtsträchtige Gebäude und gönnten uns ein Gelato. Ich weiß nicht warum, aber das Eis in Italien schmeckt einfach besser. Vielleicht liegt es auch an dem Ambiente. Wir saßen auf einer kleinen Bank und ließen uns die wohltuende Frühlingssonne ins Gesicht scheinen. Dabei beobachteten wir das rege Treiben auf den Straßen. Das Leben in Rom ist laut und manchmal auch chaotisch, aber auch gleichzeitig extrem entspannt, wie z.B. in solchen Momenten oder wenn man es sich bei einem Kaffee gemütlich gemacht hat. Um einen herum läuft alles schnell ab, aber gerade dann steht alles still und du genießt deinen Kaffee / dein Essen / dein Eis und bist voll und ganz im Hier und Jetzt – das ist die Magie von Rom.

 

Müde und erschöpft vom vielen Gehen, fielen wir wieder hundemüde ins Bett. Am nächsten Tag stand die Ostermesse im Vatikan an und wir wollten früh genug dort sein, um einen guten Platz zu ergattern. 

 

 

Am nächsten Tag war Bind fit und ausgeschlafen. Ich jedoch schaffte es nicht, um 7 Uhr aufzustehen. Ich musste einfach Schlaf nachholen. Die 2 Tage mit Fieber in der Toskana hatten mir doch so einiges an Kraft abverlangt. Ich war froh, dass Bind Verständnis dafür hatte. Wir vereinbarten, dass er allein schon mal in den Vatikan fuhr und ich dann später nachkommen würde. Wir wollten uns dann einfach nach der Ostermesse treffen. Ich schlief noch eine gute Stunde. Danach ging ich gemütlich duschen und machte mich frisch.

 

Ohne mich zu stressen, machte ich mich auf in Richtung Vatikan. Am Weg zur Bushaltestelle kam ich an einer kleinen Bar vorbei, welche förmlich danach schrie, dass ich mir einen Cappuccino und ein Cornetto gönnte – das ist für mich italienisches Lebensgefühl.

 

Ohne zu zögern, setzte ich mein Vorhaben in die Tat um. Der Cappuccino war einfach perfekt und das Cornetto mit Crema ein Traum – so könnte ich immer in den Tag starten.

 

Ich stand an der Bar und wollte gerade den letzten Schluck meines Cappuccinos genießen, als plötzlich mein Herz zu pochen begann und ein kleiner Schauer über meinen Rücken lief. Mein Blick war Richtung Ausgang gerichtet und dort ging gerade jemand vorbei, der diese Gefühle in mir auslöste. 

 

 

Ich sagte dem Kellner, dass ich gleich wieder käme, und ging angespannt zur Tür. Das kann doch nicht sein … war das gerade Roberto, der eben vorbeilief?

 

Vorsichtig blickte ich auf die Straße. Er war noch nicht weit gekommen … diese Figur, der Haarschnitt … ich glaubte zu träumen … das konnte doch nicht wahr sein!?! Er blieb an der Bushaltestelle stehen, drehte sich jedoch nicht um. Ich musste jetzt einfach sicher sein, ob es Roberto war. Also lief ich ihm hinterher. Ich war nur mehr einen Meter von ihm entfernt, als er sich plötzlich umdrehte und mir direkt in die Augen blickte. Mich durchfuhr ein Blitz. Ich möchte wirklich nicht wissen, wie mein Gesicht in diesem Augenblick ausgesehen hatte, höchstwahrscheinlich extrem bescheuert. Ich hörte ein „Ciao“ aus seinem Mund kommen. Mehr als ein krächzendes „Ciao“ brachte ich nicht heraus. Wie versteinert stand ich nun vor einem Fremden, der mich herzlich anlächelte und mich fragte, ob alles ok sei. Mir war es peinlich, denn er hatte offensichtlich bemerkt, dass ich ihm hinterhergerannt war. Ich erklärte ihm stotternd, dass es sich um eine Verwechslung handelte, und begab mich dann wieder in die Bar. Eine ältere Dame, die scheinbar alles beobachtete, warf mir ein bemitleidenswertes Lächeln zu. An der Tür der Bar stand der überaus attraktive Keller und meinte: „Ich dachte schon, du machst dich aus dem Staub.“ Zum Glück hatte er Humor und alles war halb so schlimm.

 

Ich finishte also meinen Cappuccino und ging zur Bushaltestelle. Der Bus war noch nicht gekommen und dieser Roberto-Typ und die alte Dame warteten noch immer.

 

„Naja … die Busse in Rom nehmen es nicht so genau mit den Zeiten“, aber das wusste ich nur allzu gut und ich nahm mir vor, mich nicht zu stressen. Ich freute mich schon auf die Busfahrt durch Rom, denn dabei gab es immer etwas zu sehen.

 

Als der Bus endlich kam, war ich verwundert, denn er war fast leer. Ich hätte einen vollgestopften Bus erwartet. 

Ich liebe es einfach, mit dem Bus quer durch Rom zu fahren. Plötzlich stupste mich jemand von hinten auf die Schulter: Es war die alte Dame von der Bushaltestelle.

Sie warf mir ein herzliches Lächeln zu und fragte leise: „L’Amore?“

 

Also die Liebe … ich wusste nicht wirklich, was ich sagen sollte, daher lächelte ich einfach zurück und nickte.

 

„Woher kommen Sie?“, fragte sie.

 

„Oh nein, es hatte wieder jemand meinen Akzent bemerkt!“, durchfuhr es mich.

 

„Aus Österreich“, antwortete ich.

 

Plötzlich nahm ich ein Funkeln in ihren Augen wahr und auf ihrem Gesicht machte sich ein Lächeln breit.

 

„Als ich so jung wie Sie war, war ich mit einem Österreicher verlobt. Leider wurde es nichts mit einer Heirat. Er hieß Franz und war aus dem Burgenland. Ich glaube, er war meine große Liebe. Wir waren oft gemeinsam in Österreich … ein wunderschönes Land. Jetzt war ich schon lange nicht mehr dort. Sagen Sie es nicht meinem Mann, aber ich habe noch ein Foto von Franz und mir in meiner Geldtasche.“

 

Sie zog eine große Geldtasche aus ihrer Handtasche und kramte eine halbe Ewigkeit nach dem Foto. Ich war mir nicht sicher, ob sie es tatsächlich noch finden würde und dann hielt sie es mir plötzlich vor die Augen. „Wir waren gemeinsam am Großglockner.“

 

Sie erzählte mir von ihren gemeinsamen Reisen und ihren Eindrücken aus Österreich.

Nachdem ich ausgestiegen war und sich unsere Wege getrennt hatten, dachte ich noch lange über die alte Dame nach. Bei der Verabschiedung meinte sie noch zu mir: „Rom und die Liebe dazu lässt einen nie los, man kommt nicht los von Rom, vergessen Sie das nicht.“

 

Auf dem Petersplatz war mein Platz – wie erwartet – nicht der beste, aber ich genoss trotzdem die Stimmung. Immerhin sah man den Papst nicht alle Tage live. Es war schon etwas Besonders für mich. Nach der Messe las ich Bind am Petersplatz auf. Er hatte einen guten Platz erwischt und konnte Papst Franziskus aus der Nähe betrachten.

 

Wir machten uns noch einen schönen Tag in Rom und lebten für einen letzten Tag das Dolce Vita in vollen Zügen. Am Abend ging es früh ins Bett, denn wir hatten eine 13-stündige Autofahrt von Rom nach Wien vor uns.

 

Als ich am nächsten Tag aufwachte, hatte ich eine WhatsApp Nachricht von Roberto auf meinem Handy: „Ciao Raffaela! Wie geht es dir? Ich habe gestern an dich gedacht. Lass es mich wissen, wenn du das nächste Mal in Rom bist. Eine Umarmung Roberto.“

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