Interview: Annett von Deutsche Römerin

 

Dieser Blogbeitrag stammt von der lieben Annett. Ihr kennt sie wahrscheinlich unter „Deutsche Römerin“. Annet ist deutsche Auswanderin und lebt seit einigen Jahren in Rom. Gemeinsam mit ihrem Team „Deutsche Römerin“ bietet sie die verschiedensten Touren in Rom an. Angefangen von Stadtführungen, Vespatouren, kulinarischen Touren bis hin zu Vatikantouren und natürlich noch vieles mehr. In Zeiten von Covid19 kann man bei der „Deutschen Römerin“ sogar virtuelle Touren buchen.

 

 

Mehr dazu gibt es auf: https://deutsche-roemerin.com/

 

Ich hatte einige Fragen: Wie wird Ostern in Rom gefeiert? Was isst man traditionell an Ostern? Welche Feierlichkeiten gibt es zu dieser Zeit normalerweise? Auch religiöse Fragen interessierten mich.

 

Annett stellte sich bereit, alle meine Fragen zu beantworten.

 

An dieser Stelle: Grazie di tutto!


Was essen die Römer eigentlich an Ostern?

 

Ein typisch römisches Ostermenü beginnt mit einem Aperitif. Da dürfen die Snacks natürlich nicht fehlen. Gekochte Eier und Corallina, eine Salami aus dem magersten Teilen des Schweins mit dicken Speckstückchen. Ackerbohnen (auch Faven genannt) mit Pecorino, dazu Casatiello, ein kuchenartiges Brotgebäck voller Käse- und Salamiwürfel, Eierstückchen und Grieben (österr. Grammeln).

 

Sobald wir am Tisch sitzen, gibt es natürlich erst einmal Pasta - unbedingt hausgemacht, das versteht sich von selbst. Tortellini in Brühe als Gegenstück zur deutschen Festtagssuppe. Eine Lasagne mit Lammragout passt hervorragend zum Osterfest.

 

Zum Hauptgang isst man traditionell „Coratella con Carciofi“, das sind Lamminnereien mit Artischocken, ein Klassiker der römischen Küche. Dieser Klassiker ist im Testaccio geboren, dem Schlachthofviertel, das ihr auch mit uns von der „Deutschen Römerin“ besuchen könnt. Teil des Lohns der dort beschäftigten Metzger war „il quinto quarto“ („das fünfte Viertel“ - die übriggebliebenen Teile). Das waren überwiegend Innereien.

 

Wer das nicht mag, der schiebt ein Milchlamm in den Ofen, das „Abbacchio“, das schon in der Antike zubereitet wurde und noch heute von fast allen typisch-römischen Trattorien zubereitet wird.

 

Nun folgen Cafe, Digestifs, Likörchen und die „Colomba pasquale“, die Ostertaube. Der Mailänder Industrielle Angelo Motta, Panettone Produzent seit 1919, erfand die Ostertaube in den dreißiger Jahren, um mit seinen Produktionsmaschinen auch ein Ostergebäck herzustellen. Diese, ein Panettone in der Form einer Taube mit kandierter Orange und einer Mandel-Zucker-Glasur, ist heute in ganz Italien beliebt.

 

Colomba pasquale
Colomba pasquale

Welche Feierlichkeiten gibt es zur Osterzeit in Rom bzw. im Vatikan?

 

Normalerweise strömen tausende von Pilgern nach Rom.

 

Palmensonntag:

Dieser Tag leitet die Osterwoche (heilige Woche) ein.

 

An dieser Stelle habe ich mich gefragt: Was steckt eigentlich hinter „Palmensonntag“? Annett stellte mir die Antwort.

Wer steckte dem Sonntag die Palme an den Hut?

 

Als Jesus zum Pessach, dem Paschafest, mit dem die Juden den Auszug aus Ägypten feiern, nach Jerusalem zieht, reitet er einen Esel, während seine Anhänger seinen Weg mit Palmwedeln bedeckten.

Für die römischen Statthalter Jerusalems eine Provokation. Ein Esel, Symbol der Bescheidenheit und des einfachen Volkes, verbunden mit der Palme, Symbol des Sieges und der Wiedergeburt. Eine klare Demonstration der Macht des einfachen Mannes, ein Siegeszug ohne weltliche Gewalt. Die wiederholte Emanzipation eines Volkes und seiner religiösen Identität.

 

Das Christentum übernimmt diese Symbolik.

 

Mit der Palme am Sonntag vor Ostern bereiten wir die Wiedergeburt Christi vor, seinen „Siegeszug“ über den Tod, so, wie seine Anhänger damals den Weg mit Palmen schmückten.

Wir feiern auch die „Wiedergeburt“ des Christen in uns selbst, nachdem wir durch Fastenzeit und Karwoche unsere Sünden hinter uns gelassen haben.

 

Gründonnerstag:

Am Gründonnerstag gibt es die Chrisam Messe, welche unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet und nur für die Kleriker des Bistums Roms vorgesehen ist.

 

Dabei geht es um die Feier des letzten Abendmahls.

 

Des Weiteren begibt sich der Papst ins Gefängnis (meistens nach Velletri) und hält Messe. Im Anschluss wäscht er 12 Häftlingen die Füße, so wie Jesus es bei seinen Jüngeren getan hat.

 

Karfreitag:

Am Karfreitag gibt es traditionell den Kreuzweg am Kolosseum. Mit einer Vielzahl von Gläubigen und Kerzen gedenkt man hier dem Leidensweg Jesus und seinen 14 Stationen am Kolosseum, da man lange glaubte, hier Christen ermordet zu haben.

 

Das Kolosseum ist heute ein Symbol der Menschenrechte ist (wenn z.B. irgendwo die Todesstrafe abgeschafft wird, wird das Kolosseum angestrahlt).

 

Das Kolosseum ist ein christliches Monument, seit dem 6 Jh. nach Chr. gab bis ins 19. Jh. eine Kirche im Kolosseum.

 

Samstagabend - Osternachtfeier:

Der Papst entzündet in Vorhalle des Petersdoms feierlich das Osterlicht - Erinnerung an Auferstehung Christi.

 

Festmesse Sonntag:

Am Ostersonntag wird der Petersplatz geschmückt mit abertausenden Blumen wie z.B. Tulpen, Narzissen, tropischen Blumen und Ziersträuchern.

 

Der Papst liest die Messe (das nur 2x im Jahr) vom mittleren Balkon und erteilt den traditionellen Segen „Urbi et orbi" („Der Stadt und dem Erdkreis“).

(Erlass aller Sünden)


Was steckt eigentlich hinter diesem Segen?

„Urbi et Orbi“ – dank Technologie eine weltweite Segensgeste

Zweimal jährlich segnet der Papst mit dem „Urbi et Orbi“ Segen die Menschen, am Weihnachtstag und am Ostersonntag. Er segnet die Urbe, ein antikes Wort für Rom und seine Stadtbewohner, und den Orbus, Latein für „Sphäre“, und damit dem Rest der Welt.

 

Es handelt sich dabei traditionell um einen „Handsegen“. Durch das Handauflegen und die Segensworte gewährt der Papst den Sündenerlass.

 

Doch schon im Jahr 1300, aufgrund der Pilgerströme des Heiligen Jahres, erschienen so viele Gläubige zum Segen, dass ein Handauflegen unmöglich wurde.

 

Zeit zu „modernisieren“.

 

Seit dem 14. Jahrhundert war es dann ausreichend, in Sichtweite des Papstes zu stehen, um den Segen zu erhalten. Um bei der fortschreitenden Verbreitung des katholischen Glaubens niemanden außen vorzulassen, gilt seit 1967 die Anwesenheit per Radioübertragung, seit 1985 das Zuschauen am Fernsehgerät und seit 1995 die Verfolgung der Übertragung im Internet Stream.

 

Wenn wir also am Ostersonntag um 12 Uhr Mittag unbeschwert und sündenfrei vom Sofa aufstehen, ist das nicht nur dem Papst, sondern auch großen Erfindern wie Guglielmo Marconi, Manfred von Ardenne und Tim Benners-Lee zu verdanken.


Festlichkeiten in Rom/Vatikan in Zeiten von Covid19

2021 sollte das Ganze so ablaufen: Nur sehr wenige streng Gläubige dürfen an den Gottesdiensten teilhaben.

Es wird alles über Vatikan News, Facebook und auf dem YouTube Kanal live gestreamt und in zahlreiche Sprachen übersetzt.

 

Palmsonntag und Chrisam Messe werden in einer Kapelle im Petersdom stattfinden.

Karfreitag: 21:00 Uhr Kreuzweg vor dem Petersplatz ohne Gläubige

 

Die Osternachtmesse wird schon um 19:30 Uhr stattfinden (da in Rom ab 22:00 Uhr Ausgangsperre herrscht).

Ostersonntag: 10:00 Uhr Messe mit Segen „Urbi et Orbi“

 

Um 12:00 Uhr Mittagsgebet aus der Bibliothek des Apostolischen Palastes.

 

Annett und ich wünschen euch Frohe Ostern!